2017-12-09

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Hallo :-) Wir müssen für unserer Organisation alle drei Monate einen Bericht zusenden und da die ersten drei Monate, also ein viertel meines freiwilligen sozialen Jahres, schon vergangen ist, musste ich meinen ersten Quartalsbericht schreiben und Via e.V. zusenden. Ich kopiere den Bericht jetzt einfach in diesen Blogeintrag. Einige Dinge werden Euch bekannt vorkommen aber es ist bestimmt such neues dabei.
-- Noch was aktuelles: wir haben jetzt 6 Wochen Sommerferien und seeeehr schönes Wetter, aber es fühlt sich absolut nicht an wie Dezember, auch, wenn schon viel geschmückt und dekoriert ist.--


Mein Name ist Emily Koch, ich bin 18 Jahre alt und ich bin inzwischen, gemeinsam mit meiner Mitfreiwilligen Julia, circa drei Monate in Kapstadt, über 10.000 Kilometer entfernt von meiner Familie und meinen Freunden, dem vertrauten Umfeld und meinem zu Hause. Jedoch kann ich sagen, dass ich auch hier in meiner Einsatzstelle eine zweite Familie gefunden habe und “Zu Hause" angekommen bin.

Meinen Weltwärts- Freiwilligendienst absolviere ich an der Eros School for Cerebral palsy in Bridgetown, einem Teil Athlones, was wiederum ein Stadtteil Kapstadts ist. Die Eros School ist eine Schule für Kinder mit Lähmungen und Lernschwäche. Es wird von der Vorschule bis zur 12. Klasse unterrichtet. Die Schule ist gegliedert in Foundation phase (Vorschule bis Klasse 3), Intermediate phase (Klasse 4 bis Klasse 7) und Senior phase (Klasse 8 bis Klasse 12). Außerdem gibt es sogenannte Multi-level-Klassen und Vocatioal-Klassen für Schülerinnen und Schüler, die keine Chance haben werden, jemals eine Universität zu besuchen. Diese bekommen somit die Gelegenheit, hauswirtschaftliche Aufgaben wie zum Beispiel Kochen zu erlernen. Laut eigener Aussage der Schule wird nach dem offiziellen Lehrplan unterrichtet, jedoch kommt es vor, dass Kinder in die nächste Klasse versetzt werden müssen, auch wenn sie nicht das notwendige Level erreicht haben, sie aber zu alt sind, um ein weiteres Jahr in ihrer Klasse zu bleiben. Die Schule bietet verschiedene Arten von Therapie an, Sprach-Therapie, Physiotherapie und OT (occupational therapy), eine Art Therapie, in der an der Feinmotorik und Gruppendynamik gearbeitet wird. Außerdem begleiten wir jeden Freitag eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der ersten und zweiten Klasse zum Reiten, was uns jedes mal aufs Neue begeistert und berührt, da es für viele Kinder das Highlight der Woche ist. Schulbeginn ist jeden Tag um 08:00 Uhr. Montags, mittwochs und donnerstags endet die Schule um 14:30 Uhr, dienstags um 14:00 Uhr und freitags um 12:30 Uhr.

Ich bin ein "Assistent teacher" in Grade 1. Grade 1 besteht zurzeit aus zwei Schülerinnen und neun Schülern. Ich helfe den Kindern beim lesen, schreiben und rechnen und bei allgemeinen Problemen und Fragen. Des Weiteren zählt es zu meinen Aufgaben, meiner Lehrerin bestmöglich unter die Arme zu greifen, indem ich zum Beispiel kopieren gehe, organisatorisches kläre oder die Kinder zur Krankenschwester bringe. Sie ist sehr dankbar für meine Hilfe und weiß sehr zu schätzen, dass ich da bin. Es gibt Tage, da ist es schon etwas anstrengend, anstrengender als man sich eine Klasse mit 11 Kindern vielleicht vorstellt, aber einfache, komplexe Dinge wie zum Beispiel das Hände waschen vor dem Essen, nehmen viel mehr Zeit in Anspruch, als man denkt. Man muss sich viel häufiger einzeln mit den Kindern beschäftigen, da es fast allen schwer fällt, sich zu konzentrieren und sich einfache Dinge zu merken und sie zu verstehen. Da wird es teilweise zur Langzeitaufgabe, einem 7-jährigen Jungen das Alphabet oder die Zahlen beizubringen. Viele der Schüler/-Innen bekommen auch täglich Ritalin, was ihnen dabei helfen soll, sich zu konzentrieren und still zu sitzen. Doch mit einer Umarmung, einem Lächeln oder einem "I love teacher Emily", ist all der Stress vergessen. Ich genieße wirklich jeden Tag und die Kinder sind mir schon so sehr ans Herz gewachsen, dass es mir im ersten Moment sicher schwer fallen wird, nach den großen Sommerferien, die jetzt anstehen, nicht mehr in meiner gewohnten Klasse zu helfen. Zwei Jungen meiner jetzigen Klasse müssen allerdings wiederholen und bleiben daher noch ein Jahr in der ersten Klasse. Ich freue mich aber auch auf meine neue Klasse, wo ich die Kinder aus der Vorschule schon alle kenne und ins Herz geschlossen habe. Außerdem sehe ich auch die zweite Klasse jeden Tag.




Die Eros School hat ein eigenes Hostel, in dem 60 bis 70 Schülerinnen und Schüler der insgesamt 330 Schüler/-Innen leben. Auch Julia und ich wohnen in dem Schulhostel. Um circa 7:15 Uhr morgens ist Frühstück, um 15:00 Uhr gibt es einen Snack und um 17:30 Uhr Abendessen. Wir essen das gleiche Essen wie die Kinder. Es gibt eigentlich jeden Tag Fleisch, Kartoffeln, Reis, Bohnen oder/und Linsen. Einfaches Essen, was meist besser schmeckt als es aussieht. Es wird sehr streng darauf geachtet, dass sich Mädchen und Jungen getrennt auf ihrem Flur aufhalten. Die Gates, die die Flure voneinander trennen, werden nachts abgeschlossen,. Die im Hostel lebenden Kinder dürfen das Hostel nicht (ohne besondere Genehmigung und/oder Einverständniserklärung der Eltern) verlassen und sie sagen selber, dass es sich teilweise anfühlt wie eingesperrt. Einige der Regeln halten wir persönlich für sinnvoll, doch es gibt Dinge, die uns unnötig erscheinen. An manchen Tagen, wurden die Gates vor 18:00 Uhr verschossen, was unserer Meinung nach wirklich übertrieben ist. Trotzdem können sich so gut wie alle Kinder glücklich schätzen, dass sie im Hostel leben, da viele aus schlechten familiären Verhältnissen stammen. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis zu vielen Kindern im Hostel, da kommt es vor, dass sie uns über sich und ihre Familien erzählen und man Geschichten hört, die einen sehr traurig machen können. Viele der Eltern sind auf Drogen oder Alkoholabhängig, einige der Kinder sitzen aufgrund von Unfällen im Rollstuhl oder wissen nicht, wo sich ihre Mutter zurzeit aufhält, da sie vermisst wird. Die Geschichte eines Jungen aus der 12. Klasse hat uns sehr berührt. Er hat davon erzählt, wieso er im Rollstuhl sitzt. Er war in einer Gang und sie hatten einen Kampf, wo ihm 38 mal in den Rücken gestochen und er von seinen Freunden im Stich gelassen wurde. Doch laut eigener Aussage kann er sich glücklich schätzen da zu sein, wo er ist und er ist dankbar für seine zweite Chance. Ich habe sehr viel Respekt vor ihm und vor all den anderen Kindern, die sehr viel durchmachen, aber trotzdem jedem Tag mit einem lächeln begegnen.

Brigdetown ist nicht wirklich die sicherste Gegend, jeder Südafrikaner, dem wir erzählen dass wir in Athlone leben, fragt zweimal nach und kann nicht glauben, dass wir uns sicher fühlen. 98% der Bevölkerung sind Coloureds, da fällt man als junges, weißes Mädchen schon sehr auf. Natürlich muss man sich daran gewöhnen, dass einem regelmäßig hinterhergepfiffen wird, man angemacht und auch sehr gerne angestarrt wird, aber es gab bis jetzt noch keine uns unangenehme Situation und uns kam niemand zu Nahe. Die Menschen bleiben alle freundlich und auf Abstand. Wir laufen oft zu der nahe liegenden Mall, würden uns im Dunkeln aber nicht auf der Straße bewegen. Auch die House-Mommy's und Lehrer sorgen sich sehr um uns und helfen uns, wo es ihnen möglich ist.

Ich mag die südafrikanischen Kulturen sehr gern und habe mich auch gut eingefunden, auch, wenn es einige Dinge gibt, die ich nicht nachvollziehen kann, da eine gewisse Ordnung und Absprache in manchen Dingen nicht schadet. Teilweise wird man erst sehr spät bis gar nicht über Planänderungen informiert, wie uns einmal zum Beispiel erst am Freitag mitgeteilt wurde, dass das Hostel über das Wochenende geschlossen hat und wir noch am selben Tag ausziehen müssen. Wir gewöhnen uns aber so gut wie möglich daran. Außerdem entwickeln wir ein anderes Gefühl für Geld, was am Anfang unseres Freiwilligendienstes günstig für uns war, ist es inzwischen oft nicht mehr.

Kapstadt hat sehr mit Wasserknappheit zu kämpfen, was große Auswirkungen haben kann, wenn nicht alle gemeinsam darauf achten, wie viel Wasser sie täglich verbrauchen. Eine Dusche sollte zurzeit nicht länger als 90 Sekunden anhalten und Autos waschen, den Pool auffüllen oder den Rasen sprengen sind streng verboten.

Ich kann sagen, dass ich mich meiner Meinung nach sehr gut an die Umstände angepasst habe, ich meine Ansprüche in Sachen Wohnen, Sauberkeit und Essen runtergeschraubt habe und viel mehr zu schätzen weiß, wie gut es uns eigentlich geht. So schreie ich nicht mehr bei jeder Kakerlake laut auf und probiere so viel Wasser zu sparen, wie nur möglich, denn ich bin für die restliche Zeit meines Freiwilligendienstes ein Teil Kapstadts und Kapstadt ist ein Teil von mir.



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